Montag, 12. Juni 2023

Genuss

Eine abendliche Unterhaltung beschäftigt mich die ganze Nacht, so dass ich keinen Schlaf finde. Am Morgen kommen schon gleich die nächsten Trigger - ich glaube, daran könnte ich noch ein wenig arbeiten. Die Sonne brennt irgendwann auf's Zelt und jagt mich heraus. Um 11 Uhr rollen dann die Räder wieder.

Mit der Navigationsapp hatte ich ziemliche Probleme - nach einem Update konnte ich zwar Routen planen, dafür aber nicht mehr die gefahrene Strecke aufzeichnen. Nach vielen mühsamen Recherchen hab ich die alte Version wieder hergestellt und kann nun auch wieder zeigen, wo ich mich herumtreibe. Sie findet auch wieder zuverlässig schöne, kurvenreiche Sträßchen. Ich habe vermutlich vergessen, "unbefestigte Straßen zu vermeiden", denn schon nach kurzer Zeit dürfen wir die E6 verlassen und auf ein Schottersträßchen einbiegen. "Spiele auf den Schmuddelstraßen" könnte heute unser Motto sein. Zum Glück ist es trocken und daher nur staubig. Die einzigen Verkehrsteilnehmer hier sind Schafe und die darf man auch ungestraft so nennen. Geschwindigkeitsfallen, denen ich gestern zum Glück dank Vorwarnung entkommen bin,  gibt es hier natürlich nicht. Die Polizisten können wahrscheinlich wochenlang tatenlos rumsitzen...

Die Landschaft hier ist lieblicher. Nadelwaldduft mischt sich mit den Gerüchen von Ackerbau und Viehzucht auf den langgezogenen grünen Hügeln. Es mutet mitteleuropäisch an, auch wenn es sich heimisch anfühlt, wäre mir hier zu wohnen wahrscheinlich zu langweilig. So langsam merke ich, wie mir das Meer eigentlich immer gefehlt hat. Zitat eines Freundes: "Wer nicht am Meer wohnt, ist selber schuld!"

Abwechselnd zieht die Lisl ihre Spur auf gut ausgebauten, breiten Asphaltstraßen mit genüsslichen Kurven oder erdreichen und staubigen Waldwegen. Etwas, was ich für einen Bienenstock halte, stellt sich als Trockenregal für die Torfwürfel heraus, die hier gestochen werden. Vor einer kleinen Hütte steht der Name "Torvhus" - alles klar.

Den Trondheimfjord überqueren wir am äußeren westlichen Ende und lassen die große Stadt sehr gerne links liegen. Die frische Meeresbrise riecht hier intensiv nach Fisch. Bei der Mittagspause an der Tankstelle nimmt erstmal die Lisl einen großen Schluck aus der Benzinpulle, sie pfeift schon auf dem letzten Loch. Dann beseitige ich die Kampfspuren in meinem Gesicht: vom Wind aus den Augen getriebene Tränen haben sich mit den Überresten diverser kollidierter Flugtiere, Straßen- und Blütenstaub vermischt und eine lange Spur quer über mein Gesicht gezogen. Die Fähre fährt hochfrequent alle 30 min, während der kurzen Wartezeit tanke ich gerne Sonne auf.

Ein großer Parkplatz mit gemähtem Rasen oberhalb eines Sees lädt zum Zelten ein., Es steht nur ein einziges Wohnmobil dort. Der Besitzer ist ein Österreicher, mit dem ich mich ganz nett unterhalte, solange er nicht mit seinem Hund spielt.





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