Sonntag, 11. Juni 2023

Transfer

Um halb acht bin ich wach, aber der Schlafsack ist so kuschelig warm. Da schlaf ich doch glatt nochmal ein und wache erst um 9 Uhr absolut ungestört auf. Jetzt aber los! Wir starten an einem schwülwarmen und windstillen Morgen bei 23 Grad um 10 Uhr. On the road again.
Durch duftende Mischwälder schwingen wir uns durchs Inland auf schönen, kurvenreichen und verkehrsarmen Sträßchen. Gestern sind wir einen Zick nach Westen gefahren, heute nehmen wir den Zack nach Osten. Vorbei geht's an moorig brauen Seen, auf denen sich manchmal ein einsames Plesshuhn tummelt. Auf den Wiesen suchen Reiher nach Futter. 
Aufruhr in der Schafherde! Mit einigen rabenschwarzen Lämmchen stellen sie sich uns in den Weg, aber meine Lisl kann auch stur sein. Schließlich geben die (klügeren?) Schafe nach und stieben davon.
Gegen Mittag steigt das Verkehrsaufkommen und die Temperaturen fallen auf 15 Grad. Es riecht nach Regen und kräftige Windböen bestärken meine Vermutung. Schöne Muster zeichnet der Wind auf den Fjord und verziert es mit manch kleinem Schaumkrönchen.
Lust auf ein Päuschen läßt uns an einer Tanke anhalten und einen Tee zapfen. Dzu gibt es ein paar günstige Dampfnudeln und eine nette Unterhaltung mit einem 68-jährigen Radfahrer, der von Deutschland aus in 6 Wochen bis zum Nordkap und zurück will. Gute Fahrt! Wir machen uns wasserfest, dann starten wir auch. Mit der Fähre haben wir diesmal mehr Glück als gestern, schon kurz nach unserer Ankunft legt sie ab. Gleichzeitig setzt der Regen ein.
Es regnet sich ein. Alles ist grau und das Wasser kommt in Bindfäden von oben. Spaß ist etwas anderes. Aber Regen gehört nun mal zu Norwegen - und zum meinen Reisen! Das sollte ich nach 40 Jahren "weltbester Regenmacher" doch langsam wissen. Der Himmel versteckt sich hinter dunklen Wolken und die Landschaft verschwimmt hinter dem grauen Regenschleier. Spaßfaktor, Geschwindigkeit und Schräglage sind geringer als heute morgen und die Fotografierlust sinkt auf Null. Im Regen die klatschnassen Handschuhe aus- und anziehen, das mag ich nicht. Wenigstens bleiben meine Hände warm, wenn auch nicht trocken, dank der Griffheizung. Manchen Komfort genieße ich halt schon.
Die nächste Fähre in Hofles erreichen wir zu früh - 1 h Wartezeit ist angesagt. Es gibt einen gut geheizten Warteraum, aber selbst dort und in der weiteren halben Stunde im Salon auf der Fähre trocknet nichts wirklich. Und die Lisl muss leider draußen bleiben.... Die Bezahlung auf dieser Fähre scheint anders geregelt zu sein. Meistens wird das Kennzeichen fotografiert und der Rechnungsbetrag dann mit Rabatt vom Konto eingezogen. Hier muss ich vor Ort bezahlen. Leider erfahre ich erst danach, dass ich meine Fährenkarte vor der Bezahlung hätte zeigen sollen, dann hätte ich auch den Rabatt bekommen. Na ja, schade. Wieder schlauer geworden. Dafür ist es im Zielhafen wenigstens von oben trocken und in der Ferne blitzt sogar ein kleines Stückchen blauer Himmel. Allerdings hält die Freude nicht lange - den ganzen Nachmittag wechselt das Wetter von grau bis leichter Regen. 
Die WoMos - Segen für die Besitzer und Fluch für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Ich vergleiche sie mit Schnecken, die ja auch ihre Häuser dabei haben und unbeirrt vor sich hinkriechen. Aber wenn man mit all diesem Luxus vollklimatisiert hinter Blech und Glas sitzt und die Landschaft draußen vorbeizieht, dann könnte man doch wohl besser zu Hause hocken und einen hübschen Naturfilm abspielen, oder? Da könnten die verwöhnten Touristen dann sogar noch das Wetter nach ihren Wünschen einstellen.

Wir folgen dem Navi - ich glaube, wir fahren mit Autopilot. Zu guter Letzt erwischen wir doch wieder ein kleines Stück Schotterstraße, allerdings in gutem Zustand. Nur, damit wir nicht ganz einschlafen.

Bereits gestern habe ich versucht, für heute Nacht ein Dach über dem Kopf zu finden, da der Regen ja angesagt war. Leider erfolglos, darum starte ich um 18 Uhr nochmal 2 Anfragen. Zugegeben, das ist kurzfristig. Und eine der Adressen ist sogar noch über 100 km entfernt. Leider kommt auch hier keine Antwort und so machen wir uns auf die Suche nach einem Zeltplätzchen. Wie immer, ist das nicht ganz einfach. In Sichtnähe der Hauptstraße finden wir schließlich einen einigermaßen ebenen Platz vor einer Scheune, zugegeben, nicht sehr romantisch. Das Zelt steht, da kommt Antwort aus dem nächsten Ort (16 km entfernt), dass ich willkommen bin. Schade, leider zu spät. Mittlerweile ist es jedoch sowohl von oben als auch von unten trocken und der Wetterbericht orakelt auch in der Nacht kein Wasser. Selbst die Klamotten sind inzwischen trocken geworden! Haben wir doch mal wieder alles richtig gemacht?

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